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17. August 2012 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Kommentar zu aktuellen Meldungen bezüglich Syrien, zu Konsultationen in Teheran, zur Konferenz der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in Saudi-Arabien und zum bevorstehenden Treffen der nichtpaktgebundenen Staaten in Teheran vom 26. bis 31.8.2012

Konstruktive Rolle des Iran:

Vermittler in Syrien-Krise – Konferenz in Teheran

In der amerikanischen Zeitung „Washington Post“ wurde eine Erklärung des iranischen Außenministers Ali Akbar Salehi bekannt gegeben, demzufolge sein Land bereit sei, die Rolle eines Vermittlers in möglichen Verhandlungen zwischen den syrischen Behörden und der Opposition auf sich zu nehmen. „Ich erkläre unsere Bereitschaft, zu Verhandlungen zwischen der syrischen Regierung und der Opposition beizutragen und unser Territorium für ihre Durchführung bereitzustellen“, schreibt Ali Akbar Salehi. (Ria Novosti, 9.8.2012)

Der Außenminister hob hervor, dass der Iran in den letzten zehn Jahren eine Stabilisierungsrolle im Irak und in Afghanistan gespielt habe.

Salehi rief auch die Länder, welche die Lösung der Krise in Syrien anstreben, zu Verhandlungen in der Islamischen Republik auf.

Nach Meinung des Chefdiplomaten der Islamischen Republik stellt die syrische Gesellschaft ein schönes Mosaik von Ethnika, Religionen und Kulturen dar. Stürze Präsident Baschar al-Assad, werde dieses Mosaik zerstückelt.

Das iranische Außenministerium hatte bereits mitgeteilt, dass Vertreter einer Reihe von Ländern der Region in Teheran am 9.8.2012 Konsultationen zum Syrien-Problem durchführten. Mit dieser Konferenz verband sich laut dem iranischen Vizeaußenminister Hussein-Amr Abdollahian das Ziel, zur Wiederherstellung von Stabilität und Ruhe in Syrien beizutragen, und zwar besonders mit konstruktiver Hilfe der Länder der Region und durch internationale Organisationen. Zum Abschluss dieser Tagung hat Irans Außenminister Ali-Akbar Salehi bekannt gegeben, dass sich alle 30 Teilnehmer gegen Gewalt in Syrien und „für eine nationale Lösung ohne ausländische Einmischung“ ausgesprochen hätten.

Die weltberühmte Zitadelle in der Altstadt von Aleppo ist inzwischen unter der Kontrolle der syrischen Armee. Als Juwel der islamischen Architektur des Mittelalters zählt Aleppos Zitadelle zum Weltkulturerbe. Es ist nicht das erste Mal, dass die westliche Barbarei nicht davor halt macht, solche Juwelen zu zerstören. Irak war erstes Opfer dieser Art westlicher Bestialität, ein Westen, der immer noch in dem Überlegenheitsirrtum lebt, ein Vorbild der „Zivilisation“ zu sein. Seit langem ist er eher ein abschreckendes Bild von alledem, was nicht sein darf.

Am 7. August gab der Sekretär des Obersten Rates für nationale Sicherheit des Iran, Said Dschalili, während seines Syrien-Besuches bekannt, dass sein Land an dem Bündnis mit Syrien im Kampf gegen den Terrorismus festhält und Syriens Zerstörung nicht zulassen wird. Präsident Assad betonte ein weiteres Mal die Absicht der syrischen Behörden, gegen die im Land agierenden bewaffneten Gruppen zu kämpfen. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat der bewaffneten syrischen Opposition die Eskalation von Gewalt in der Stadt Aleppo vorgeworfen. (Ria Novosti, 11.8.2012)

"Der Generalsekretär schätzte die Situation in Syrien objektiv ein und gab zu, dass an der Eskalation des Konflikts in Aleppo Extremisten schuld sind", so Russlands Vizeaußenminister Gennadi Gatilow am Samstag 11.8. 2012 (Ria Novosti, 11.8.2012).

Der Westen macht Syriens Präsident Baschar al-Assad für zahlreiche Opfer im Land verantwortlich und arbeitet auf seine Absetzung hin. Seit März 2011 kamen bei Auseinandersetzungen zwischen den Regierungskräften und der so genannten bewaffneten Opposition in Syrien schätzungsweise rund 17 000 Menschen ums Leben. Russland und China sind kategorisch gegen eine ausländische Einmischung in Syrien, weil dies den Konflikt unberechenbar machen und das friedliche Zusammenleben unter den Religionsgruppen definitiv zerstören würde. Die Christen in Syrien sind diejenigen, die am überzeugendsten den Präsidenten unterstützen, weil sie in dem säkularen Staat problemlos leben. Der sogenannte „christliche“ Westen zeigt keine Achtung für die christliche Minderheit in Syrien, die 10% der Bevölkerung darstellt, wie der Nahost-Experte Peter Scholl-Latour in einer ARD-Sendung anklagte. Er machte auch in einem Interview (Merkur, 21.7.2012) die Öffentlichkeit darauf aufmerksam: „Der Westen kümmert sich nicht im geringsten um das Schicksal der syrischen Christen.“

Die USA und die Türkei werden eine Arbeitsgruppe für die Analyse möglicher Szenarien der weiteren Entwicklung in Syrien bilden. (AP aus Istanbul am 11.8.2012) Am gleichen Tag war US-Außenministerin Hillary Clinton mit ihrem türkischen Amtskollegen Ahmet Davutoglu zusammengetroffen. "Wir waren im ständigen Kontakt seit Beginn der Syrien-Krise. Aber jetzt müssen wir das operative Planen im Detail vornehmen", sagte Clinton.

Gemeinsames Ziel der USA und der Türkei seien die schnellstmögliche Einstellung des Blutvergießens und der schnellstmögliche Sturz des Regimes von Präsident Baschar al-Assad. "Das ist unser strategisches Ziel", sagte Clinton. Diese fatale Sturheit der USA, wie die einiger anderer Länder, führt in die menschliche Katastrophe, die sie jetzt konfrontieren müssen. Es ist ein inhumanes déjà-vu seit dem Irak- und Afghanistan-Desaster auf Konto eines korrupten Westens, der dabei ist, langsam unterzugehen.

Zuvor hatte die Türkei angekündigt, dass Ankara alle nur möglichen Mittel nutzen wird, um eine Bedrohung vom syrischen Territorium aus zu verhindern. Das würde den türkischen Truppenaufmarsch an der türkisch-syrischen Grenze erklären.

Clinton teilte ferner mit, dass der US-Kongress zusätzliche fünf Millionen Dollar für den Kauf humanitärer Hilfsgüter für syrische Flüchtlinge bereitgestellt habe. Somit hätten die USA bislang rund 82 Millionen Dollar für die Unterstützung der Oppositionellen in Syrien ausgegeben. In der Vorwoche seien 25 Millionen Dollar für die bewaffnete syrische Opposition freigegeben worden. Dabei betonte das US-Außenamt, dass mit diesem Geld keine Waffen oder Rüstungen, sondern ausschließlich Kommunikationstechnik, Medikamente und einige Waren des dringenden Bedarfs gekauft würden.

Erstaunlich auffällig sind die neuen leisen Töne von Clinton, die bisher als laute unermüdliche Kriegsfurie auffiel. Wahrscheinlich ist sie jetzt erschöpft oder vielleicht sogar nachdenklich geworden. Es wäre Zeit dafür! In diesem Zusammenhang ist auch das Schweigen vom deutschen Außenminister Guido Westerwelle auffällig. Stattdessen hören wir die Stimme des Bundesentwicklungsministers Dirk Niebel (FDP), der versucht, so gut es geht, die eingetretene menschliche Katastrophe aufgrund einer menschenfeindlichen Außenpolitik zu tilgen. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel hat – so wie es sich darstellt - gut daran getan, endlich ihre Autorität über den eigentlich unhaltbaren Außenminister gelten lassen. Die deutsche Bundeskanzlerin sollte endlich ein Machtwort der Vernunft sprechen. Damit würde sie das Land der Kantschen Vernunft ehren und ihm in der ganzen Welt gründlich Respekt verschaffen. Kein Land, auch nicht die USA, Saudi Arabien, Katar oder Deutschland, können erwarten oder fordern, dass sich andere an die Regeln halten, wenn sie es selber nicht tun. Denn wenn ein Land es nicht tut, erscheint sein Handeln willkürlich und delegitimiert. Der US-Präsident John F. Kennedy kann die Bundeskanzlerin inspirieren, denn er bleibt für immer ein Vorbild für viele Deutsche, gerade in Berlin. Er sagte einmal sinngemäß: „Die Missachtung der Gesetze führt uns in die Tyrannei. Uns Amerikanern steht es frei, die Gesetze zu hinterfragen, aber nicht gegen sie zu verstoßen, denn keine Regierung, die auf Gesetze baut und sich weder von Prominenz noch von Machthabern korrumpieren lässt, und keine Gruppe von aufrührerischen Unruhestiftern darf sich über die Gesetze hinwegsetzen…Unser Ziel ist niemals der Sieg der Macht, sondern der Sieg des Rechts“, so der Präsident John F. Kennedy.

Nicht Außenminister Guido Westerwelle, sondern Entwicklungsminister Dirk Niebel bekräftigte derweil die ablehnende Haltung der Bundesregierung in Hinblick auf eine Flugverbotszone in Syrien. Eine solche würde „eine politische Lösung in noch weitere Ferne rücken“, sagte zu Recht der Minister Niebel am Dienstag 14.8.2012 im ARD-Fernsehen. Außerdem werde es den dafür nötigen Beschluss des Weltsicherheitsrates nicht geben. Bemerkenswert ist diesbezüglich auch, dass die Bundesregierung damit auf die Rechtslage innerhalb der UN Rücksicht nimmt im Gegensatz zur amerikanischen Außenministerin, welche die Frechheit besaß, eine Flugverbotszone ohne Konsultation des Sicherheitsrates in Betracht zu ziehen, als sie am 11.8.2012 in Istanbul mit ihrem türkischen Kollegen sprach. Die stellvertretende UN-Generalsekretärin für humanitäre Angelegenheiten, Valery Amos, hatte am 14.8.2012 mit dem neuen Ministerpräsidenten Syriens, Wael Al-Halqi, über die humanitäre Situation in Syrien beraten. Der syrische Ministerpräsident sprach auch über die Folgen der Wirtschaftssanktionen, die von den USA, Europa und einigen arabischen Staaten gegen Syrien verhängt wurden. Die stellvertretende UN-Generalsekretärin Amos war anschließend mit dem Minister für Nationale Versöhnung, Ali Haidar, zusammengetroffen. Dem Minister zufolge könne sich die humanitäre Lage in Syrien nur entspannen, wenn die Gewalt eingestellt werde. Eine selbstverständliche Erkenntnis, die dazu führen sollte, dass Medien und das Bundeskanzleramt auf die Ursache - ausländische Gewalt und Aufhetzung der Terrorbanden - einzuwirken, um sie zu stoppen und nicht lediglich ihren Effekt zu tilgen, nämlich, die humanitäre Katastrophe, die daraus folgt. Die syrische Regierung sei fest entschlossen, allen Syrern, die durch die Gewalt vertrieben worden seien, die Rückkehr in ihre Heimat zu ermöglichen. Syrien sei auch entschlossen, die Zusammenarbeit mit der UN-Mission fortzusetzen und alles für deren Sicherheit zu tun. Die UN-Beobachtermission in Syrien sei die einzige Quelle für objektive Information darüber, was wirklich in Syrien geschehe. Ein Abzug der UN-Mission würde die Lage in Syrien und in der gesamten Region weiter komplizieren. So aus dem russischen Außenministerium am 15.8. 2012(Aus dem Bericht „Leben im Terror“ von Karin Leukefeld, Junge Welt, 16.8.2012)

Die Islamische Konferenz darf nicht denselben Fehlschritt der Arabischen Liga tun, nämlich sich von dem reaktionärsten arabischen Land, d.h. von Saudi Arabien, beherrschen zu lassen und seinem inakzeptablen Druck nachgebend den Ausschluss eines Mitglied bestimmen, ein Bruderland, das sich unter feiger ausländischer Aggression in Not befindet. Syrien braucht die Unterstützung und Solidarität aller Araber und islamischen Bruderländer gerade in dieser Stunde der Not.

Saudi-Arabien, das die Terror-Banden in Syrien unterstützt, darf die Konferenz der Organisation für islamische Zusammenarbeit (OIC) nicht weiter dominieren. Der Westen unterstütze die Aufständischen in Syrien nur, weil er glaube, dass ein Sturz der syrischen Regierung die „Widerstandsfront gegen Israel“ stoppen würde, sagte zutreffend der iranische Verteidigungsminister Ahmad Vahidi Vahidi im Vorfeld der Konferenz am 14.8.2012, an der auch der Iran beteiligt war. „Doch sie ignorieren die Tatsache, dass diese Widerstandsfront gegen Israel auf dem Glauben von mehr als einer Milliarde Muslimen gründet.“

Es wurde geplant, dass Syrien auf der OIC-Konferenz islamischer Staaten in Mekka formal aus der Organisation ausgeschlossen wird. Vertreter des offiziellen Damaskus und der syrischen Opposition wurden zu dem Treffen in Dschidda und Mekka nicht eingeladen. Im November vorigen Jahres war die Mitgliedschaft Syriens in der Arabischen Liga ausgesetzt worden. Eigentlich ein Skandal gegenüber einem Gründungsmitglied der Arabischen Liga, das immer das Potential der Einheit arabischer Staaten erkannte und eine Vorreiterrolle in der Weltstaatengemeinschaft spielte, wenn es darum ging, Probleme, die den Weltfrieden in Gefahr bringen zu lösen. So hat sich Syrien immer für die gerechte Sache der Palästinenser engagiert und für eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten. Bei der Sicherheitsratssitzung am Freitag 14.4.2003 hat der Außenminister von Syrien sehr präzis darauf aufmerksam gemacht, dass die Abrüstung der ganzen Region bis Indien noch bevorsteht, Israel eingeschlossen. Dagegen gibt es keinerlei Fortschritte bei der Schaffung einer von Massenvernichtungswaffen befreiten Zone im Nahen Osten. Sowohl die Resolution 687 (1991) als auch die Resolution 1284 (1999) proklamieren ausdrücklich dieses Ziel der UNO. Die Resolution 687 spricht davon, dass "von den Massenvernichtungswaffen im Nahen Osten eine Gefahr für den Frieden und die Sicherheit ausgeht und dass es notwendig ist, dahin zu wirken, im Nahen Osten eine Zone frei von Massenvernichtungswaffen zu schaffen."

„Die Aussetzung der Mitgliedschaft Syriens ist kein Schritt zur Beilegung des Syrien-Konflikts. Dies wird nur bedeuten, dass sie (die islamische Konferenz) diese Frage von der Tagesordnung absetzen. Und wir wollen sie lösen“, sagte der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi im Vorfeld der Ministersitzung. Eigentlich benötigt die Islamische Konferenz eine Zwei-Drittel-Mehrheit, um den Ausschluss eines Mitgliedes entscheiden zu können. Es ist noch nicht bekannt gegeben worden, mit welcher Mehrheit sich Saudi-Arabien bei der OIC-Konferenz durchsetzte.

Aufgrund einer negativen impertinenten Reaktion der Regierung Israels wurde das Vorhaben des UN-Generalsekretärs Ban Ki-Moon bekannt, Ende August zu einer Konferenz der Staaten, die nicht paktgebunden sind, in den Iran zu reisen. Bezeichnenderweise hat sich Jerusalem Post vom 14.8.2012 der regierungsamtlichen israelischen Unverschämtheit mit unübertroffener Impertinenz angeschlossen.

Als sofortiges Echo dieser verblüffenden zionistischen Impertinenz erklingt die Stimme des US-Verteidigungsminister Leon Panetta (ARD-Mittagsmagazin vom 15.8.2012), demzufolge der Iran die Zukunft Syriens nicht bestimmen dürfe. Solche US-amerikanischen Stimmen, die wie von einem anderen Planeten zu kommen scheinen, lassen uns erkennen, in welcher extrem verkehrten Welt US-Amerika lebt: Weiß ist schwarz, schwarz ist weiß und zwei plus zwei sind fünf. Diese verkehrte Welt mit der implizierten Irrationalität bestimmt in extremer Weise eine verfehlte US-Vision. Die islamische Welt ist ermahnt, nicht in dieselbe westliche Irrationalität zu verfallen. Dazu darf sie sich nicht von den reaktionären Autokraten diktieren lassen, was zu tun sei. Solche Reaktionäre verraten die Zusammenarbeit der islamischen Welt, indem sie gemeinsame Sache mit den hegemonialen USA machen.

Ein turnusmäßiges Treffen der Staats- und Regierungschefs von 120 Ländern - Mitglieder der Bewegung der Blockfreien - findet vom 26. bis 31. August in Teheran statt. Medienberichten zufolge hatte Ban Ki Moon die Einladung zur Konferenz angenommen. Das ist ein weiser Schritt der Vereinten Nationen, sehr zu begrüßen, vor allem im Zusammenhang mit der angestrebten Entspannung und dem gewünschten Stopp der Gewalt in Syrien, wobei der Iran in der Lage ist, gegen die destruktive US-Einmischung eine konstruktive Rolle zu spielen.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait